Bis einer weint



Was als Spass begann endet nun in vollem Ernst.

Mike Bild, den ich (leider erst) Anfang 2010 kennenlernte, offerierte mir vor sechs Jahren, dass es eine Konferenz für die Community gibt, die man unbedingt besuchen sollte, wenn man die wirklich spannenden Themen kennen lernen möchte. Bis dato flog ich am Rande mit und interessierte mich für alles, was nach Zukunft aussah. Ja ehrlich, sogar die WCF habe ich anfänglich dazu gezählt. Und dann kam mein erster Developer Open Space, damals noch vorrangig auf die .Net Technologien ausgerichet. Diese Konferenz stellte alles bisherige in den Schatten. Jede BASTA oder sonstige kommerzielle Konferenz verkümmerte nur noch zu einem Haufen Elend. Hier in Leipzig traf man Hinz und Kunz der Softwareentwicklung, ging auf Tuchfühlung mit den wirklich spannenden Leuten und konnte ungezwungen mit ihnen ins Gespräch kommen. Ich kann mich noch gut an die ersten Begegnungen mit Ilker Cetinkaya, Daniel Fisher oder Stefan Lieser erinnern. Das waren echte Highlights auf dem Weg in die Community.

Das erste Mal war beeindruckend. Im zweiten Jahr war die Sorge der Agendagestaltung genommen und ich reichte selbst etwas ein. Keine Ahnung was es war, aber Blut war geleckt. Ich wollte mehr davon, was dazu führte, dass Mike und ich zusammen in 2012 die längste Session aller Zeiten hielten. Sechs Stunden CQRS und der Raum war permanent gut gefüllt. Die Teilnehmer der Konferenz wurden einfach nicht satt, so dass wir auch nicht aufhörten. Das macht den Open Space aus. Keine Agenda, keine zeitliche Beschränkung und jeder ist zur richtigen Zeit im richtigen Raum. Wissen und Inspiration pur, keine Ablenkung oder Einschränkungen.

Das änderte sich jedoch im Laufe der Zeit. Mehr Teilnehmer, mehr "Neulinge" (wie ich es auch einmal war), mehr Konsumenten, mehr Frontalvorträge und Ablenkung. Der klassische Open Space scheint verschwunden zu sein. Ja klar, die Meinungen der Teilnehmer sind trotzdem positiv, so auch meine. Man trifft sich mit den Kollegen, diskutiert manchmal innerhalb manchmal außerhalb der Sessions über das neue "Shiny Toy" und hat eine gute Zeit. Unbestritten. Und dennoch kündige ich hiermit meinen Abschied von all dem an.

Auf ein Wiedersehen im nächsten offenen Raum.



Kommerz verschafft sich Platz. Nicht nur in Form der stetig steigenden Preise, sondern auch in der Ausführung. "Eine Werbeflut gibt es nicht" heißt es sinngemäß auf der Webseite, um dann am Empfang mit einem Tisch und einer Tüte voller Werbung begrüßt zu werden. Das schmeckt irgendwie bitter. Bin ich empfindlich hierbei? Kann gut sein. Ich nehme halt die Texte auf den Webseiten entsprechend wahr und lege sie für mich aus - mein subjektives Empfinden kann man mir nun mal nicht nehmen.

"Der größte ... aller Zeiten mit 400 Teilnehmern!" wow, denkt man da zurecht. Da hat die Orga ordentlich einen ausgetütet, sich ins Zeug gelegt und Leute erreicht. Ich war etwas skeptisch, ob ich das gut finden soll, von 250 Teilnehmern im letzten Jahr auf nunmehr fast doppelt so viel. Da geht doch das familiäre verloren. Und dann das. Keine 400 Leute standen da beim Finden der Agenda. Die mühevoll vorbereitetes Garage des Hotels war zwar übersichtlich gefüllt, aber nicht mit 400 Leuten. Ich würde sagen, es waren 400 Anmeldungen, aber aktive Teilnehmer pro Tag waren vielleicht 200 bis 250 unterwegs, also die gleiche Menge wie schon die Jahre zuvor. Was für ein Glück, dass es nicht so viel war. Und dennoch, ein komischer Geschmack bleibt in der Formulierung "400 Teilnehmer".  Muss man so an den Knöppen drehen - wie man in Berlin sagt? Sicher nicht, es sei denn, man möchte noch mehr Teilnehmer im nächsten Jahr erreichen.

Glaubt mir, ich weiß was es bedeutet eine solche Veranstaltung zu organisieren. Die Berliner Spartakiade begleitete ich für 5 Jahre, bis 2016. Auch dies ist nun vorbei für mich. Der Aufwand, der Stress und die permanente passive Aggressivität, alles falsch zu machen, hat mich zu diesem Entschluss bewogen. Zudem kommt der Aspekt, bis heute nicht genau zu wissen was mit den Teilnehmer- und Sponsorengeldern passiert ist. Nur in groben Zügen kann ich den Fluss nachvollziehen, aber eine genaue Antwort auf meine Anfrage erhielt bisher nicht. Schade, dass wieder mal Freundschaften am Geld zerbrechen.
Nun gut, die nächste Spartakiade ist sicher wieder die größte und beste aller Zeiten, nur halt ohne mich. Und der nächste Developer Open Space wird sicher auch der größte und beste aller Zeiten, ebenfalls ohne meine Teilnahme.

Ich ziehe mit Freunden weiter. Menschen, die mir gut tun und mit denen ich gemeinsam etwas Neues entstehen lassen kann. Community Kollegen, die gerne miteinander ehrlich und respektvoll umgehen.

~janekf

Auf Wiedersehen Ulrike, Esther, Krisztina, Karen, Irina, Kate, Thomas, Mike, Maik, Alex, Alexander, Christian, Steffen, Stefan, Staphan, Hans-Peter, Steve, Sia, Sebastian, Anton, Rocco, Richard, Daniel, Martin, Kai, Gregor, Torsten, Thorsten, Jens, Robert, Benjamin, Frank, Marco, Marko, Andreas, Robin, Marius, Holger, Michael, David, Jürgen, Phillip, Marcel, Marcell, Sascha, Oliver, Björn, Timur, Peter, Jan, Udo, Dariusz, Lars, Johannes, Fabian, Hendrik, Philip, Uli, Dennis, Max, Sven, Kostja, Dirk... und alle, die ich vergessen haben sollte.